News & Trends

Der Kodak-Moment – Was macht eigentlich die Automobilindustrie?

Der Kodak-Moment

Seit rund 130 Jahren gibt es Autos. Streng genommen haben sie sich in dieser sehr langen Zeit nicht wirklich verändert. Man sitzt hinter dem Steuer, fährt von A nach B, der Auspuff dampft und dann steht man wieder. Im Stau.

Die Älteren unter uns erinnern sich an den Moment, endlich den Führerschein zu besitzen und dann mit dem Auto, egal wie klapprig, die weite Welt auf der Strasse zu spüren. Mobilität und Freiheitsgefühl haben nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Aber der Weg ist das Ziel – und der verändert sich gerade. Das Interesse der Millennials an Führerschein, Auto und damit verbundenem Prestige nimmt kontinuierlich ab – und eine ganze Branche ist im Begriff, sich zu transformieren, will sie nicht untergehen.

DER MOTOR DER WIRTSCHAFT STOTTERT 

Und was macht die Autoindustrie? Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer weiss nichts Gutes zu berichten. Für ihn steht die Branche weltweit vor einer tiefen Krise. Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts CAR der Universität Duisburg-Essen könnte der globale Absatz neuer Autos im laufenden Jahr um gut 5 Prozent auf 79.5 Mio. Stück sinken. Diese erdrutschartigen Abwärtsbewegungen wurden noch nicht mal während der Finanzkrise 2008 beobachtet. Selbstverständlich spielen Faktoren wie Handelskrieg, Brexit und der stagnierende chinesische Markt eine nicht unwesentliche Rolle für den Negativtrend. Die Probleme aber, vor allem die der deutschen Autobauer, sind hausgemacht und haben sich schon lange abgezeichnet. So hat die erfolgsverwöhnte deutsche Autoindustrie die Entwicklung des Elektroautos auf fast arrogant zu nennende Weise fehleingeschätzt und damit ihren eigenen «Kodak-Moment» heraufbeschworen.

Hat mein Portfolio Zukunft?

  • Ist mein Vermögen in die Zukunft investiert? 
  • Welche Risiken (Umwelt, alte Technologien, Greenwashing) hat mein Portfolio?
  • Welchen Footprint hat mein Vemögen?

TESLA BRINGT 7000 E-AUTOS PRO WOCHE AUF DIE STRASSE – BMW NUR 900

Mindestens fünf Jahre hinkt die Branche dieser tiefgreifenden Entwicklung hinterher. Nur mal zum Vergleich: Der von seinen Konkurrenten oft belächelte Elon Musk produzierte 2018 mit seiner Firma Tesla 7000 Elektroautos pro Woche, BMW hingegen gerade einmal 900.

Neben der Dieselaffäre, mit der Unternehmen wie VW und Daimler nicht nur eine Menge Geld, sondern auch Vertrauen durch den Auspuff geblasen haben, setzen Klimaverordnungen dem in die Jahre gekommenen Verbrennungsmotor zu. Laut aktueller Klimavorgabe der Europäischen Union muss die Automobilindustrie bis 2030 weitere 35 Prozent Kohlendioxid im Vergleich zum Jahr 2021 einsparen. Nach heutigem Standard werden dann neun von zehn Autos keine Chance mehr haben, verkauft zu werden.

„EIN VERNETZTES AUTO WIRD KÜNFTIG WOHL MEHR UMSATZ GENERIEREN ALS ZEHN TRADITIONELLE, NICHT VERNETZTE AUTOS.“

(D. Becker, Global Chair of Automotive, KPMG)

Mit dem klassischen Auto lässt sich heute keine Wertschöpfung mehr generieren. Dafür öffnet sich ein neuer, vielversprechender Markt rund um die Mobilität von morgen: Sensortechnologie für das autonome Fahren, Batterietechnik für die E-Mobilität, Datenverarbeitungssysteme, IT- Sicherheit und selbst Dienstleistungen wie Versicherungen sind in Bewegung. Carsharing und die zunehmende Vernetzung von verschiedenen Mobilitätskonzepten haben das Potenzial, im Jahr 2035 die Produktion von 23 Millionen Privat-Pkw zu ersetzen. All diese Veränderungen zeigen sich auch schonungslos in der Kursentwicklung der Akteure.

So wurde zum Beispiel die israelische Sensor-Firma Mobileye, die Schlüsselkomponenten für das autonome Fahren liefert, von Intel für rund 15 Mrd. USD übernommen. Zum Vergleich: Als Nissan 2016 bei Mitsubishi einstieg, lag die Bewertung bei knapp 5 Mrd. USD. New Economy schlägt Old Economy.

Die Autobauer wissen, wohin die Reise, möglichst emissionsfrei, geht. Es wird investiert, und sogar frühere Erzrivalen kooperieren, um sich neue Felder zu erschliessen. Ob das allerdings reicht, um auf die Überholspur der neuen Mobilität zu kommen, ist nicht gewiss. Denn hier fahren bereits Tesla, Apple, Google Uber und Co.